Sonne Wind & Wärme
Finan­zierung von Klima­schutz im Eigen­heim

erschienen in Sonne Wind & Wärme 11/2005 S.28-30

Wer sich beim Bau eines Eigen­heims für eine bessere Gebäude­isolierung oder für die Installation einer Biomasse-, Solarthermie- oder Photovoltaikanlagen entscheidet, wird derzeit noch mit staatlichen Zuschüssen oder zinsverbilligten Darlehen unterstützt. Doch in der Praxis erweisen sich einige Fördermaßnahmen eher als Hindernis, wie der Autor bei seinem eigenen Hausbau feststellen musste.

Klimaschützer schlagen Alarm: Die globale Erwärmung schreitet immer schneller voran, wie die heftigen Naturkatastrophen der letzten Monate belegen. Eigentlich eher Grund genug, die Klimaschutzbemühungen zu verstärken als weiter zu schwächen. Vor allem im Gebäudebereich lassen sich durch optimale Wärmedämmung und die Integration regenerativer Energieanlagen erhebliche Treibhausgaseinsparungen erzielen. Die alte Bundesregierung versuchte dies durch direkte Zuschüsse für Solarthermie- und Biomasseanlagen sowie durch erhöhte Vergütungen für Photovoltaikanlegen und zinsvergünstigte Kredite über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu unterstützen.

Begriffsdschungel

Wer sich entschieden hat, beim Hausbau einen wirklich großen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, wird erst einmal mit einer Vielzahl von verschiedenen Begriffen wie Energieeinsparverordnung (EnEV), Niedrigenergiehaus, 3-Liter-Haus, Passivhaus, KfW-60 oder KfW-40-Haus konfrontiert (siehe Kasten), die selbst bei Fachleuten Verwirrungen hervorrufen können. Hierbei handelt es sich um Gebäude, deren Kohlendioxidemissionen durch reduzierten Heizenergiebedarf mehr oder weniger verringert sind. So genannte Niedrigenergiehäuser zählen heute jedoch bereits zum Standard, der durch die EnEV definiert ist. Für ein Wohnhaus mit 120 m² Wohnfläche darf der jährliche Primärenergiebedarf danach durchaus gut 100 kWh/m² a tragen. Wird dieser Bedarf durch eine Erdgasheizung gedeckt, bläst diese immer noch 2 bis 3 Tonnen CO2/a in die Atmosphäre. Das ist zwar deutlich weniger als bei Altbauten, aber immer noch zu viel für die Rettung des Klimas.

Billiges 3-Liter-Haus

Um den Standard auf ein 3-Liter-Haus zu drücken und damit den Energiebedarf und die Kohlendioxidemissionen um mehr als die Hälfte zu senken, müssen rund 10.000 € für eine bessere Gebäudedämmung veranschlagt werden. Hierbei werden die Wärmeverluste der Wände durch eine zusätzliche Wärmedämmung in einer Stärke von 8 bis 10 cm um 20 bis 30 % reduziert. Eine 3-fach-Wärmeschutzverglasung verringert die Wärmeverluste im Fensterbereich ebenfalls um 30 %. Zusätzlich müssen noch einmal rund 8.000 € in eine Anlage zur kontrollierten Wohnraumbelüftung investiert werden. Diese saugt verbrauchte Raumluft ab und führt diese zu einem Wärmetauscher, der damit die von Außen zugeführte Frischluft erwärmt. Bis zu 90 % der Lüftungswärmeverluste lassen sich so vermeiden. Der benötigte Elektrizitätsbedarf der Lüftungsanlage ist dabei vergleichsweise gering. Die Mehrpreise für ein 3-Liter-Haus betragen damit deutlich weniger als 10 % der Gesamtinvestitionskosten. Bei den Energiepreisen der vergangenen Jahre wurden die Mehrkosten jedoch noch nicht durch niedrigere Heizkosten kompensiert. Was nicht heißen soll, dass sich nicht einzelne Maßnahmen, wie die verbesserte Dämmung schon heute innerhalb der Lebensdauer eines Gebäudes amortisieren. Kontinuierlich steigende Öl- und Gaspreise werden diese Rechung früher als von machen erwartet auch für die anderen Einsparmaßnahmen umkehren.

3-Liter-Haus
Äußerlich unterscheidet sich ein KfW-40-Haus nur wenig von einem Standardhaus. Nur die kleine Solarthermie- und Photovoltaikanlage weisen auf den Einsatz von Klimaschutztechniken hin.
Technikraum eines 3-Liter-Hauses
Das Geheimnis der Reduktion des Heizenergiebedarfs und der Kohlendioxidemissionen steckt in der Isolierung und der Gebäudetechnik: Technikraum eines KfW-40-Hauses mit Pufferspeicher für Thermie- und Heizungsanlage (Mitte), Pelletskessel (recht) und Wohnraumbelüftung mit Wärmerückgewinnung (links).
Fördermaßnahmen im Praxistest

Um zum Klimaschutz entschlossene Bauherren finanziell zu unterstützen, hat die alte Bundesregierung Förderprogramme geschaffen, die über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt werden. Hierbei werden Kredite von bis zu 30.000 € für KfW-60-Häuser sowie bis zu 50.000 € für KfW-40-Häuser im Programm "Ökologisch Bauen" gewährt, die ein gutes Prozent unter den marktüblichen Zinsen liegen. Weniger überzeugend sind die KfW-Kredite für Photovoltaikanlagen im Programm "Solarstrom Erzeugen", die in etwa normalen Baukrediten entsprechen. Bestechend einfach dagegen ist die Nutzung der erhöhten Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Die Stromvergütung von 54,53 Ct/kWh (Stand 2005) wird einfach dem Energieversorger in Rechnung gestellt.
Solarthermieanlagen zur Brauchwassererwärmung werden mit 105 €/m² und zur Heizungsunterstützung mit 135 €/m² Kollektorfläche sowie Biomasse-Heizungsanlagen mit bis zu 1700 € pauschal vom BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) bezuschusst. Im Vergleich zur KfW-Finanzierung ist diese Art der Unterstützung erfreulich einfach. Rechnet man noch die inzwischen recht hohen Kosten für einen Gasanschluss, der bei einer Biomasse-Heizung entfallen kann und die höheren Brennstoffpreise für Gas oder Öl hinzu, kann sich eine Biomasse-Anlage mittlerweile schon wirtschaftlich rechnen.
Anhand des Neubaus eines Einfamilienhauses wurden die aufgezählten Fördermaßnahmen einem Praxistest unterzogen. Der Heizenergiebedarf des Hauses entspricht dem 3-Liter-Standard mit verbesserter Wärmedämmung, Dreifachverglasung und kontrollierter Wohnraumbelüftung mit Wärmerückgewinnung. Eine solarthermische Anlage dient zur Brauchwassererwärmung. Durch die weitgehend CO2-neutrale Pellets-Heizung wurde mit dem Haus der KfW-40-Standard erreicht. Eine 1 kWp-Photovoltaikanlage reduziert die CO2-Emissionen der Stromversorgung.
Erfreulich einfach gestaltete sich die Beantragung der BAFA-Förderung für die Solarthermie und Biomasse-Heizung. Der übersichtliche Antrag ist im Internet verfügbar (www.bafa.de). Die erforderlichen Unterlagen wie Angebote und Herstellererklärungen waren einfach zu beschaffen. Der Zuwendungsbescheid traf schon nach wenigen Tagen ein. Dieser ist jedoch nur neun Monate gültig und der Antrag muss vor Auftragserteilung gestellt werden, was jedoch bei den meisten Bauvorhaben einzuhalten ist. Nach Einreichen des Verwendungsnachweises mit einer kurzen Erklärung, Rechnungskopie, Inbetriebnahmeprotokoll und der Kontoverbindung erfolgte die Auszahlung innerhalb von drei Wochen. Ingesamt erwies sich die BAFA-Förderung als einfach, zweckdienlich und unbürokratisch.

KfW - oje

Deutlich schwieriger gestaltete sich die Inanspruchnahme der KfW-Förderung. Um nämlich die günstigen Kredite abrufen zu können, ist man gezwungen, eine Bank zu finden, die diese Kredite in die Gesamtfinanzierung mit einbaut. Diese Bank muss letztendlich die günstigeren Kredite von der KfW zum Endkunden durchreichen. Da dies unbezahlte Mehrarbeit bedeutet und sich zudem noch der eigentliche Baukredit durch die KfW-Finanzierung verringert, ist dieses Prozedere für die Banken nicht sonderlich attraktiv. Einige Banken mit sehr günstigen Zinskonditionen wie die Ing-Diba oder die Immo-Bank Direct weigern sich schlichtweg KfW-Kredite zum Bau von KfW-60 oder -40-Häusern in eine Finanzierung mit einzubauen. Somit ist man nach einer nervenaufreibenden Suche gezwungen, sich meist eine Bank mit schlechteren Konditionen zu suchen. Würde man bei den besten auf dem Markt erhältlichen Hypotheken durch den Einbau eines KfW-Kredites einige tausend Euro sparen, kann dieser Effekt durch die Wahl einer Bank mit schlechteren Konditionen auf sehr magere Beträge zusammenschmelzen.
Das KfW-Infocentrer (Tel. 01801/335577) war wenig hilfreich bei der Suche nach einem geeigneten Kreditinstitut. Eine Liste von Banken, die Kredite für "Ökologisches Bauen" oder "Solarstrom Erzeugen" in eine Baufinanzierung mit einbauen war nicht erhältlich. Es empfiehlt sich also, einen seriösen Kreditvermittler einzuschalten, der noch relativ günstige Baukredite trotz Einbeziehung des KfW-Kredits organisieren kann.
Auch in anderen Punkten konnte das KfW-Infocenter nicht optimal unterstützen. Verschiedene Sachberater gaben unterschiedliche Auskünfte, ob der Kredit pauschal oder nur mit Nachweis der einzelnen Maßnahen vergeben wird. Schließlich, stand es zwei zu eins, dass ein KfW-40-Haus pauschal mit einem 50 TEuro-Kredit (im KfW-Antrag werden alle Summen nur in Tausend Euro (TEuro) angegeben, was auf die eigentlichen Kunden der KfW hinweist) gefördert wird, wenn der Gesamtkredit über 50.000 Euro liegt und ein entsprechender Energiesparnachweis die Einhaltung der KfW-40-Kriterien bestätigt.
Auch die Terminempfehlung bei einem Anruf in der zweiten Dezemberhälfte 2004 war weniger hilfreich: "Beantragen Sie den Kredit am besten noch im Dezember, was im nächsten Jahr passiert, können wir nicht sagen." Die Folge waren hohe Kosten für Bereitstellungszinsen und durch den anhaltenden Zinsverfall schlechtere Zinskonditionen im Dezember als im Januar. Somit erwies sich das KfW-Darlehen als Bumerang. Die günstigeren Konditionen des 50-TEuro-Kredits wurden mehr als vollständig durch die schlechteren Kreditkonditionen des Hauptkredits aufgefressen. Auf eine Inanspruchnahme eines KfW-Kredits für die Photovoltaikanlage wurde wegen der schlechten Konditionen dieses Programms verzichtet. Die problemlose und einfache Abwicklung des KfW-Kredits über die Hausbank mit einem lächerlich einfachen Verwendungsnachweis sind die einzig positiven Aspekte, die bei diesem Bauvorhaben für den KfW-Kredit gesprochen haben.

Zuschuss statt zinsverbilligter Kredit

Die neue Bundesregierung wäre gut beraten, die Vergabepraxis der KfW im Programm "Ökologisch Bauen" zu verändern. Entweder sollten die Kredite direkt bei der KfW unabhängig von der Bank für die sonstige Finanzierung abrufbar sein oder in Zuschüsse umgewandelt werden. Ein 5.000 €-Zuschuss wäre in den meisten Fällen einem zinsverbilligten Kredit über 50.000 € vorzuziehen, würde die Vergabepraxis vereinfachen und dazu vermutlich noch öffentliche Gelder einsparen. Durch direkte Zuschüsse für Maßnahmen zur verstärkten Gebäudeisolierung analog zu Biomasse oder Solarthermieanlagen könnte man mit Sicherheit weit mehr Bauherren überzeugen, trotz knappen Geldbeutels in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren. Doch auch sonst sind der hohe Ölpreis und der günstig gefüllte Pelletsraum, die kostenlose Solardusche und das Gefühl, wirklich etwas für den Klimaschutz erreicht zu haben, letztendlich eine hohe Entschädigung für die Anstrengungen des Baus eines 3-Liter-Hauses.

Volker Quaschning

Heizenergiebedarf verschiedener Haustypen
Im Vergleich zum Standard-EnEV-Haus lässt sich bei 3-Liter- und Passiv-Häusern der Heizwärmebedarf signifikant reduzieren.
Begriffsdschungel gelichtet

EnEV: Die seit dem 8.12.2004 gültige novellierte Energieeinsparverordnung (EnEV) ist verbindlich für den Neubau von Wohngebäuden und begrenzt deren Primärenergiebedarf bei Wohngebäuden mit elektrischer Warmwasserbereitung auf Werte zwischen 88 und 152 kWh/(m² a) bezogen auf die Nutzfläche. Der Gebäudebestand liegt deutlich über 200 kWh/(m² a).

Niedrigenergiehaus (NEH): Besonders gut gedämmtes Gebäude mit niedrigem Heizenergiebedarf, in Deutschland gesetzlich nicht näher bestimmt. EnEV-Häuser werden oftmals schon als Niedrigenergie oder Energieeinsparhäuser bezeichnet.

3-Liter-Haus: Umgangssprachlich Häuser mit einem Heizwärmebedarf von rund 3 Litern Heizöl (ca. 30 kWh) pro m² Wohnfläche und Jahr. Dies entspricht einem Primärenergiebedarf, der auch den Wirkungsgrad der Heizungsanlage und die Warmwasserbereitung beinhaltet, von etwa 60 kWh/m² a.

Passivhaus: Häuser mit einem Heizwärmebedarf von weniger als 1,5 Litern Heizöl (ca. 15 kWh) pro m² Wohnfläche und Jahr. Dies entspricht einem Primärenergiebedarf von unter 40 kWh/m² a.

KfW-60-Haus: Wohnhaus mit einem Primärenergiebedarf unter 60 kWh/m² a. Dies wird in der Regel durch ein 3-Liter-Haus erreicht. Der Bau wird durch besondere KfW-Kredite gefördert.

KfW-40-Haus: Wohnhaus mit einem Primärenergiebedarf unter 40 kWh/m² a. Dies wird in der Regel durch ein sehr gut ausgeführtes 3-Liter-Haus mit Pellets-Heizung oder ein Passivhaus erreicht. Der Bau wird durch besondere KfW-Kredite gefördert.


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