Bislang war die Photovoltaikwelt einfach: Solarstromanlagen waren teuer und nur durch Idealisten oder mit Hilfe
von staatlichen Förderprogrammen zu betreiben. Durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wurde in Deutschland
ein regelrechter Solarboom ausgelöst. Mehr als 1 Mio. Photovoltaikanlagen liefern dort inzwischen mehr als 4 % des
gesamten Strombedarfs. In Ländern mit weniger attraktiven oder wie in Österreich mit stark gedeckelten Förderprogrammen
ist der Solarenergieanteil hingegen immer noch vergleichsweise mager. Doch diese einfache Welt gerät durch den massiven Preisverfall
der Photovoltaik gerade kräftig aus den Fugen.
In den letzten fünf Jahren haben sich die Kosten für Solarstromanlagen mehr als halbiert. In Deutschland ist mittlerweile
der Strompreis für Haushalte und Gewerbekunden höher als die gesetzliche Vergütung für den eingespeisten Solarstrom (Grafik 1).
In Österreich ist die Situation ähnlich. Zwar sind in hier die Strompreise etwas niedriger, doch ein leicht besseres Sonnenangebot
gleicht diesen Nachteil für die Photovoltaik an vielen Standorten fast wieder aus.
Bevor, wie in der Vergangenheit Solarstrom ins Netz eingespeist und zu ungünstigen Konditionen vergütet wird, ist
es nun besser, den Strom möglichst selbst zu verbrauchen und dadurch die eigene Stromrechnung zu drücken.
Solarstromerzeugung und Verbrauch müssen dabei allerdings absolut zeitgleich erfolgen. Auch wenn eine Photovoltaikanlage
im Jahresdurchschnitt weniger Strom liefert, als man selbst verbraucht, entstehen tagsüber Überschüsse, die sich nicht
vollständig selbst nutzen lassen (Grafik 2). Um den gesamten Strom zeitgleich verbrauchen zu können, muss in der Regel die Leistung
der Photovoltaikanlage so gering ausfallen, dass sie kaum einen nennenswerten Beitrag mehr zur Stromerzeugung
liefert.
Für die Verwendung der Überschüsse gibt es prinzipiell verschiedene Möglichkeiten (Grafik 3). Wenn eine Netzeinspeisung
nicht möglich ist oder nicht vergütet wird, kann versucht werden, den Strom an einen Nachbarn zu vermarkten.
Was technisch kein Problem darstellt, ist aber unter den Gesichtspunkten Genehmigung und Abrechnung ein schweres Unterfangen. Auch
das Abregeln einer Photovoltaikanlage, sodass kein überschüssiger Strom ins Netz eingespeist wird, ist technisch problemlos
möglich.
Photovoltaikanlagen können sich bei weiter fallenden Anlagenpreisen prinzipiell auch rechnen, wenn ein Teil des
erzeugten Stroms abgeregelt wird. Bevor überschüssiger Solarstrom schlichtweg weggeschmissen wird, ist
es aber sinnvoller, ihn in einer Batterie zu speichern und dann später selbst zu verbrauchen. Verschiedene Solarfirmen
entwickeln gerade Batteriesysteme mit Hochdruck. Meist sind Batteriespeicher für einen wirtschaftlichen Einsatz aber
noch zu teuer. Das wird sich jedoch vermutlich in absehbarer Zeit ändern, sodass man diese Entwicklung auf
jeden Fall im Auge behalten sollte.
Eine weitere Nutzungsmöglichkeit für die Überschüsse besteht ganz banal im Verheizen. Auch eine Kombination
von Batteriespeicher und Elektroheizung ist möglich. Um die Überschusswärme möglichst gut thermisch nutzen
zu können, wird ein Wärmespeicher benötigt. Grafik 4 zeigt ein entsprechendes Solarsystem mit Batterie und
Puffer-Wärmespeicher für Trinkwasser und Heizungswärme. Eine Regelung sorgt dafür, dass Strom von der Photovoltaikanlage
in erster Linie selbst verbraucht wird und damit teuren Netzstrom einspart. Lässt sich der Strom nicht zeitgleich
selbst verbrauchen, speichert das System die Überschüsse in einer Batterie zum späteren Eigenverbrauch
oder spart bei der Heizungsanlage über einen Heizstab im Wärmespeicher Brennstoffe ein. Damit lassen sich die
ins Netz eingespeisten Überschüsse deutlich reduzieren.
Dieses System rechnet sich über die Kombination aus den durch den Eigenverbrauch vermiedenen Stromkosten
und durch die thermische Nutzung vermiedenen Brennstoffkosten. Wird die Wärme ohnehin schon elektrisch erzeugt,
ist ein Einsatz von Photovoltaiksystemen hier bereits heute wirtschaftlich attraktiv. Bei einer Beheizung auf
Erdölbasis ist durch die stark gestiegenen Ölpreise die Wirtschaftlichkeit in absehbarer Zeit zu erwarten. Bei Gas oder
Holzheizungssystemen liegen die Brennstoffkosten derzeit noch niedriger, wodurch momentan der Einsatz von
Solarstromheizungen meist noch nicht rentabel ist. Bei weiter fallenden Preisen für Photovoltaikanlagen ist aber eine
Wirtschaftlichkeit auch hier nur noch eine Frage der Zeit.
Im Vergleich zu reinen Netzeinspeisungsanlagen sind photovoltaische Eigenverbrauchsanlagen deutlich komplizierter.
Für eine optimale Wirtschaftlichkeit müssen sie individuell auf den jeweiligen Strom- und Wärmebedarf
abgestimmt werden. Bedienungsfreundliche Auslegungswerkzeuge oder umfangreiche Erfahrungen mit Vergleichsanlagen
gibt es momentan noch nicht. Diese werden erst in den nächsten Monaten und Jahren allgemein verfügbar sein.
Photovoltaische Eigenverbrauchssysteme bieten enorme Chancen. Während die Preise für Strom und
Brennstoffe kontinuierlich steigen, verändern sich die Kosten einer funktionierenden Solaranlage nicht. Bereits
heute sind Eigenverbrauchssysteme in vielen Fällen eine ökonomisch interessante Alternative. Damit ist zu
erwarten, dass im Bereich der Solarstromnutzung eine ähnliche Dynamik wie beim Ausbau des Mobilfunks oder
der Internetnutzung entsteht. Alleine durch das Erschließen geeigneter Gebäudedächer könnten Photovoltaikanlagen
in Deutschland und Österreich bereits in 20 Jahren gut 20 % des Strombedarfs und zusätzlich noch einen Teil
der Wärme decken. Besitzer einer photovoltaischen Eigenverbrauchsanlage können also künftig nicht nur die eigenen
Energiekosten drücken und unabhängiger von Energiekonzernen von knapper werdenden Brennstoffen werden.
Sie leisten somit einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende.
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