erschienen in Sonnenenergie 2/2002 S.42-43
Seit einigen Jahren ist Deutschland Vorreiter beim Einsatz erneuerbarer Energien. Im sonnigen Süden Europas hingegen hat man lange Zeit den Trend verschlafen. Spanien ist inzwischen stark im Kommen. Bald könnte es sich an die europäische Spitze schieben.
Bei der Windkraftnutzung ist Spanien weltweit auf den zweiten Platz aufgestiegen.
Foto: Volker Quaschning
Spanien ist das Land der Sonne. Zumindest, wenn es nach den Millionen Sonnenhungrigen geht, die jedes Jahr ins Land strömen. Neben den kulturellen und landschaftlichen Anziehungspunkten ist vor allem das Wetter einer der Hauptgründe, Spanien als Urlaubsziel zu wählen. Bei rund 3.000 Sonnenscheinstunden bekommt man im Süden der iberischen Halbinsel die Sonne mehr als doppelt so oft zu Gesicht als im verregneten Deutschland. Wer jedoch glaubt, dass dies auch ein Grund für die weite Verbreitung von Solarstrom- und Solarwärmeanlagen sein sollte, wird schnell enttäuscht sein. Obwohl die Solartechnik wegen des größeren Sonnenangebots bis zu 50 Prozent billiger ist als in Deutschland, haben sie die Spanier bisher nur wenig genutzt. Seit kurzem macht sich in der Solarbranche aber eine neue Aufbruchsstimmung breit.
Ursachen hierfür sind die Kyoto-Vereinbarungen zum Klimaschutz sowie die Bestrebungen der EU, den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen. Spanien hat 1990 drei Viertel weniger Treibhausgase emittiert als Deutschland. Deshalb darf das Land im Rahmen des internationalen Klimaschutz-Abkommens seine Kohlendioxid-Emissionen bis zum Zeitraum zwischen 2008 und 2012 sogar um 15 Prozent erhöhen. Ein starkes Wirtschaftswachstum und ein stetig steigender Energiehunger haben allerdings dafür gesorgt, dass die Treibhausgas-Emissionen bereits vor vier Jahren um 21 Prozent empor geschnellt sind. Für Spanien gilt es also möglichst schnell die Notbremse zu ziehen und den Trend umzukehren, möchte es die Klimaschutzziele auch nur annähernd erreichen. Deshalb sollen auch in Spanien erneuerbare Energien künftig einen großen Beitrag zum Klimaschutz liefern. Spanien soll deren Anteil bei der Stromerzeugung nach EU-Vorgaben bis zum Jahr 2010 auf 29,4 Prozent erhöhen.
Erneuerbare Energien haben in Spanien im Jahr 2000 zu rund 5,7 Prozent zum gesamten Primärenergiebedarf
beigetragen. Die Biomassenutzung hat dabei noch vor der Wasserkraft den größten Anteil.Sie deckt
3,1 Prozent des Primärenergiebedarfs und spielt vor allem bei der Wärmegewinnung eine wichtige Rolle.
Bei der Stromerzeugung betrug der regenerative Anteil vor zwei Jahren mit 38.330 Gigawattstunden
immerhin 17 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland waren es gerade einmal sechs Prozent.
Traditionell einen hohen Stellenwert hat in Spanien die Wasserkraft. Sie trug mit 13,9 Prozent zum
Stromaufkommen bei, wobei auch Kleinkraftwerke nicht unbedeutend sind. Bis zum Jahr 2010 soll die
installierte Leistung der Kleinwasserkraftwerke nach Prognosen des staatlichen Energie-Instituts IDAE
von 1.573 auf 2.230 Megawatt steigen.
Installierte Leistung regenerativer Kraftwerke in Spanien
Bei der Windkraftnutzung ist Spanien hinter Deutschland weltweit inzwischen auf den zweiten Platz gerückt. Windrotoren lieferten im Jahr 2000 bereits 2,2 Prozent des elektrischen Stroms. Fast 800 Megawatt sind allein im Jahr 2000 zugebaut worden. Vor allem in Nordspanien hat die Windkraft eine große Verbreitung erlangt. Der spanische Hersteller Gamesa eroberte sich weltweit eine Spitzenposition noch vor deutschen Unternehmen. Bis zum Jahr 2010 soll die Windkraftleistung vervierfachen.
Besonders in die Biomasse setzen die IDAE-Energieexperten große Erwartungen. So soll die elektrische Leistung von Biomassekraftwerken in den nächsten acht Jahren von 217 auf 1.975 Megawatt ansteigen. Bei der Wärmbereitstellung soll die Bedeutung der Biomasse ebenfalls steigen, so dass ihr Anteil am Gesamtenergieaufkommen bis zum Jahr 2010 um 170 Prozent wachsen wird. Der Anteil der Photovoltaik dagegen wird gering bleiben, trotz des von den IDAE-Mitarbeitern anvisierten Wachstums von 12,1 auf 143,7 Megawatt. Dennoch ist der stetig wachsende Markt für Photovoltaikfirmen interessant. Neben internationalen Firmen wie BP produzieren heimische Modulhersteller wie Isofoton bereits seit vielen Jahren in Spanien.
Einen mehr als zehnmal größeren Anteil an der Stromversorgung als Solarstromanlagen werden nach den IDAE-Studien solarthermische Kraftwerke erlangen. In den Bestimmungen des spanischen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes "Real Decreto 2818/1998" sind inzwischen erhöhte Einspeisevergütungen für aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Strom festgelegt. Die solarthermischen Kraftwerke hat der Gesetzgeber dabei allerdings schlicht und einfach vergessen. Deshalb soll ein neuer Erlass bald für in solarthermischen Kraftwerken erzeugten Strom eine erhöhte Vergütung regeln. Das wird der Technologie nach Expertenmeinung zum Durchbruch verhelfen. Wann es mit dem Erlass so weit sein wird, können allerdings selbst Insider nicht sagen.
Solarthermische Kraftwerke sollen in Spanien künftig von einer erhöhten Stromeinspeisevergütung profitieren.
Foto: Volker Quaschning
Geht es nach der IDAE soll sich die bisher installierte Kollektorfläche für Warmwasser- und Heizungsanlagen von 400.000 Quadratmetern bis 2010 verzwölffachen. Solarwärmeanlagen lassen sich in Spanien deutlich einfacher ausführen als in Deutschland. In einigen Gebieten Spaniens kennt man keinen Frost. Bei Warmwasseranlagen für Einfamilienhäuser überwiegen deshalb preiswerte Schwerkraftsysteme.
Die IDAE-Zahlen für die nächsten Jahre klingen viel versprechend. Dass sie auch Substanz haben, zeigen die Entwicklungen der vergangenen Jahre und die im europäischen Vergleich verhältnismäßig guten Förderbedingungen. Spanien kann damit sein hochgestecktes Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieaufkommen in den nächsten zehn Jahren um 135 % zu steigern, durchaus erreichen. Auch, wenn es hierzu noch einige Rahmenbedingungen verbessern muss. Bereits heute ist Spanien zu einem Motor der regenerativen Energienutzung geworden.
Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieaufkommen in Spanien im Jahr 2000 | |
Biomasse | 3,1 % |
Wasserkraft | 2,0 % |
Windkraft | 0,3 % |
Solarthermie | 0,02 % |
Photovoltaik | 0,002 % |
Geothermie | 0,006 % |
Vergütung für regenerative Kraftwerke in Spanien, Stand 2000 | |
Photovoltaik bis 5 kWp | 0,3606 €/kWh |
Photovoltaik über 5 kWp | 0,2164 €/kWh |
Windkraft | 0,0626 €/kWh |
Wasserkraft bis 10 MW, Geothermoie und Wellenenergie | 0,0636 €/kWh |
Biomasse | 0,0594 €/kWh bis 0,0615 €/kWh |
Eine Vielzahl an Artikeln behandelt aktuelle Themen der Energiepolitik, des Klimaschutzes und des Einsatzes erneuerbarer Energien.
In verschiedenen Print-, Radio- und TV-Interviews nimmt Volker Quaschning Stellung zu aktuellen Fragen über die Energiewende und eine klimaverträgliche Energieversorgung.
Das Wachstum erneuerbarer Energien steigt kontinuierlich. 2023 haben erneuerbare Energien bereits einen Anteil an der weltweiten Kraftwerksleistung von 45 Prozent erreicht. Kernkraftwerke liegen dagegen nur noch bei 4 Prozent. Für wirksamen Klimaschutz muss der Ausbau erneuerbarer Energien aber noch weiter gesteigert werden.
Die Erdgaslobby-Organisation Zukunft Gas steht in der Kritik. Zahlreiche Stadtwerke sind ausgetreten. Dabei verkünden auch Teile der Politik, grüner Wasserstoff wäre die Zukunft für die Wärmeversorgung und den Verkehr. Was ist dran an der Wasserstoffstory oder ist diese Erzählung am Ende nur eine reine Luftnummer?
Im Jahr 2023 konnte weltweit erneut ein Rekord an neu installierter Photovoltaikleistung erreicht werden. Der Bestand an Solaranlagen wuchs um fast 400 Gigawatt. China ist davon für etwa 60% verantwortlich. Trotz des relativ starken Zubaus von 14 Gigawatt bleibt Deutschland international auf dem fünften Platz.